Stehen Sie vor Durchsuchungen, Vorladungen, Anhörungen, Verfahren oder Strafbefehlen im Kontext von Steuerstrafverfahren?
Steuerstrafverfahren – Ablauf, Beispiele und die Selbstanzeige
Die Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens sollte von einem Betroffenen stets sehr ernst genommen werden, da Steuerstraftaten auch mit hohen Freiheitsstrafen geahndet werden können. Aufgrund der Komplexität dieses Metiers sollte im Falle eines Steuerstrafverfahrens stets ein Fachanwalt hinzugezogen werden.
Definition eines Steuerstrafverfahren
Im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens untersucht eine ermittelnde Behörde, ob gegen einen Beschuldigten Anklage erhoben werden sollte. Dies beschreibt im Prinzip auch jedes andere strafrechtliche Verfahren. Der wesentliche Unterschied bei einem Steuerstrafverfahren besteht jedoch darin, dass dem Beschuldigten Steuerstraftaten (steuerspezifische Straftaten) vorgeworfen werden.
Darüber hinaus nutzt die Finanzbehörde das Steuerstrafverfahren auch dazu die zahlenmäßigen Grundlagen für die Steuerfestsetzung zu ermitteln.
Das Wichtigste in Kürze:
- Ein Steuerstrafverfahren kann, wie andere strafrechtliche Verfahren, längere Haftstrafen nach sich ziehen.
- Selbstanzeigen sind nur vor der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wirksam und können zu einem späteren Zeitpunkt ggf. nicht vor einer Verurteilung schützen. Somit ist eine frühe Selbstanzeige unabdinglich.
- Selbstanzeigen führen ebenfalls zu einem Steuerstrafverfahren.
Steuerstraftaten – Beispiele und Strafen
Am bekanntesten ist das Beispiel der Steuerhinterziehung. Im Gegensatz zum oft verbreiteten Glauben, wird die Steuerhinterziehung nicht im Strafgesetzbuch (StGB), sondern im § 370 der Abgabenordnung (AO) geregelt.
Anhand des höchstmöglichen Strafmaßes wird klar, dass die Steuerhinterziehung vom Gesetzgeber als eine sehr ernste Angelegenheit angesehen wird:
- §370 Abs. 1 sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren für eine Steuerhinterziehung vor.
- §370 Abs. 3 sieht für besonders schwere Form der Steuerhinterziehung sogar eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren vor.
Die Abgabenordnung regelt auch weitere Beispiele von Steuerstraftaten, wie z.B. den Bannbruch, Schmuggel und Steuerhehlerei.
Nicht alle Steuervergehen werden jedoch so harsch bestraft. Die Abgabenordnung sieht auch mildere Strafen für Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 377 AO) für ein Strafmaß in Form eines Bußgeldes von max. 50.000€ vor:
- §378 AO beschreibt die leichtfertige Steuerverkürzung: Leichtfertiger Umgang bei der Angabe und Nichtangabe von steuerrechtlich relevanten Tatsachen gegenüber den Finanzbehörden.
- §379 AO beschreibt die Steuergefährdung: Ausstellung falscher Belege und/oder falsche Verbuchung von Geschäftsvorfällen, wodurch die Steuer verkürzt oder Vorteile erlangt werden.
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Zuständigkeiten innerhalb eines Steuerstrafverfahrens
Wird einem Beschuldigten ausschließlich eine Steuerstraftat vorgeworfen, übernimmt zunächst die Finanzbehörde die Führung des Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft wird zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinzugezogen. Die Finanzbehörden sind auch für die Verfolgung der Verstöße gegen andere Strafgesetze zuständig, wie beispielsweise der Verletzung von Kirchensteuern, oder anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben. Ausschlaggebend für die Zuständigkeit der Finanzbehörde ist die Verknüpfung der Straftat mit Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträgen, oder Steuerbeträgen.
Die Zuständigkeit für das Strafverfahren kann jedoch zu jeder Zeit von der Finanzbehörde an die Staatsanwaltschaft übergeben werden, oder von der Staatsanwaltschaft proaktiv übernommen werden. Ersteres erfolgt immer dann, wenn ein Unterbringungs- oder Haftbefehl erlassen wird.
Die Finanzverwaltung hat zur Bewältigung der Steuerstrafverfahren so genannte besondere Dienststellen geschaffen. Sie unterscheiden sich je nach Bundesland und werden häufig als Steuerfahndung oder Finanzämter für Steuerstrafsachen bezeichnet. Diese Dienststellen werden mit besonderen Befugnissen ausgestattet und können neben den Aufgaben der Finanzbehörde auch staatsanwaltschaftliche Aufgaben übernehmen.
Ablauf und mögliche Ausgänge eines Steuerstrafverfahrens
Ein Steuerstrafverfahren wird in der Regel nach einem Anfangsverdacht einer Steuerstraftat eröffnet. Die Finanzbehörde und insbesondere die dafür zuständige Dienststelle, wie z.B. die Steuerfahndung ermittelt daraufhin, ob eine Anklage erhoben werden soll. Häufig eingesetzte Ermittlungsmethoden sind Anhörungen und Durchsuchungen.
Sehen Sie sich mit einer Anhörung oder gar Durchsuchung in Steuerstrafsachen konfrontiert, ist es allerhöchste Zeit mit einem Fachanwalt zu sprechen, da Steuerstrafverfahren auch mit längeren Haftstrafen geahndet werden können. Gerne stehen wir Ihnen kompetent zur Seite. Lassen Sie uns über Ihren Fall sprechen.
Das Steuerstrafverfahren endet mit der Erhebung einer Anklage vor einem Strafgericht und dem darauffolgenden Hauptprozess. Für weitere Details zum weiteren Ablauf des darauffolgenden Verfahrens empfehlen wir unseren Beitrag zum Ablauf eines Strafverfahrens.
Es gibt jedoch einige alternative Beendigungsmöglichkeiten für ein Steuerstrafverfahren, die häufig von den ermittelnden Finanzbehörden genutzt werden:
Sofern die Ermittlungsbehörde die Tat als nachweisbar erachtet, kann ein Strafbefehl erlassen werden, sofern das Vergehen durch eine Geldstrafe geahndet werden soll. Kommt eine Freiheitsstrafe in Betracht, ist eine mündliche Hauptverhandlung notwendig und schließt somit einen Strafbefehl aus. Ein Richter entscheidet über den Erlass des Strafbefehls und folgt in aller Regel dabei dem Vorschlag der Ermittlungsbehörden. Sollte der Richter nach Sichtung der Ermittlungsakte anderer Meinung sein, bestimmt er einen Termin für eine mündliche Hauptverhandlung.
Ein Strafbefehl stellt eine rechtskräftige Verurteilung dar, sofern kein fristgerechter Einspruch dagegen erhoben wird.
Diese Variante zur Beendigung eines Steuerstrafverfahrens wird von den Behörden dann genutzt, wenn der Beschuldigte sich dazu verpflichtet Auflagen und Weisungen nachzukommen, um das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Eine Auflage, die häufig zum Einsatz kommt, ist beispielsweise die Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung. Erfüllt der Beschuldigte die Auflage, kann die Tat nicht mehr verfolgt werden.
Die ermittelnde Finanzbehörde kann das Steuerstrafverfahren dann einstellen, wenn sie die Schuld des Täters als gering ansieht. Dazu wird allerdings die Zustimmung des Gerichts benötigt. In besonders schweren Fällen muss auch die Zustimmung der Staatsanwaltschaft eingeholt werden, um das Verfahren einstellen zu können. Die Einstellung des Verfahrens mangels ausreichendem Tatverdachts ist dagegen eher selten im Steuerstrafrecht. Im Zweifel tendieren die Behörden dazu die weiteren Ermittlungsmöglichkeiten eines Hauptverfahren ausnutzen zu wollen.
Was bringt eine Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren?
Die Wirksamkeit einer Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren hängt maßgeblich von ihrem Timing ab. Wird die Selbstanzeige vor einem Steuerstrafverfahren gestellt, bedingt sie dennoch die Eröffnung eines ebensolchen Verfahrens. Darin prüft das Finanzamt die Wirksamkeit der Selbstanzeige. Ist die Selbstanzeige wirksam, wird das Strafverfahren nach Zahlung aller Steuern und Zinsen eingestellt. Ist die Selbstanzeige nicht wirksam, so wird das Steuerstrafverfahren gegen Zahlung einer entsprechenden Auflage eingestellt, oder sie führt zu einer Anklage bei Gericht.
Wann ist eine Selbstanzeige nicht wirksam?
Eine wirksame Selbstanzeige ist beispielsweise dann nicht mehr möglich, wenn gegen einen Betroffenen ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet wurde. Die entsprechende Behörde unterrichtet zu Beginn eines solchen Verfahrens den Betroffenen und informiert diesen zeitgleich über sein Schweigerecht.
Ein weiterer Umstand, der zur Unwirksamkeit einer Selbstanzeige im Steuerstrafverfahren führen kann, ist der Beginn oder auch nur die Ankündigung einer Betriebsprüfung. Je nach Unternehmensgröße und -bekanntheit kann es sogar ausreichen, dass eine Ermittlung behördenintern eingeleitet worden ist und man beispielsweise aus der Berichterstattung in den Medien damit hätte rechnen müssen.
Die Selbstanzeige muss also stets vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens eingehen, um ihre Wirksamkeit nicht zu gefährden. Auch die Vollständigkeit der Selbstanzeige spielt eine Rolle. Stellt sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens heraus, dass sie Unvollständig gewesen ist, kann sie trotz ihrer Rechtzeitigkeit unwirksam sein.
Gut zu wissen: Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist eine Möglichkeit für Steuerpflichtige, bei einer unvollständigen oder falschen Steuererklärung Straffreiheit zu erlangen. Dabei müssen sie innerhalb einer bestimmten Frist eine korrigierte Steuererklärung abgeben und die Steuern nachzahlen. Wenn die Selbstanzeige rechtzeitig, vollständig und richtig erfolgt ist, entfällt die Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Selbstanzeige nicht bei allen Arten von Steuerdelikten möglich ist und dass sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um strafbefreiend zu wirken.
Wenn aus der Betriebsprüfung ein Steuerstrafverfahren wird
In der Vergangenheit drehte sich eine Betriebsprüfung meistens um die Bewertung der Geschäftsvorfälle eines Unternehmens zur Ermittlung der Steuerlast durch das Finanzamt. So wurde festgestellt ob und wie viele Steuern das Unternehmen nachzahlen musste. In Ausnahmefällen leitete dann das Finanzamt ein Steuerstrafverfahren ein, wenn die Buchführung einen Ansatz zur Steuerhinterziehung vermuten ließ.
Aktuell münden immer mehr Betriebsprüfungen in Steuerstrafverfahren. Die Finanzämter scheinen immer dünnhäutiger in Bezug auf Versäumnisse in der Buchführung zu reagieren. So kann eine fehlende Ausgangsrechnung zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens führen. Dies setzt dann eine laufende Betriebsprüfung aus, denn der Unternehmer wird hierdurch zum Beschuldigten. Das ändert die Sachlage und bedingt, dass die Betriebsprüfung erst nach der Rechtsbelehrung des Beschuldigten fortgeführt werden kann.
Höchste Aufmerksamkeit ist also geboten, wenn eine Betriebsprüfung aus zunächst nicht erkennbaren Gründen unterbrochen wird, bzw. nicht weitergeführt wird. Dies ist ein guter Zeitpunkt einen Rechtsbeistand einzuschalten und genauer nachzuprüfen, ob ein steuerstrafrechtlicher Hintergrund in Ihrem Unternehmen erkennbar sein könnte.
Auf den richtigen Rechtsbeistand kommt es an
Das äußerst komplexe Steuerrecht legt nahe, dass der zu beauftragende Beistand über die entsprechende Spezialisierung verfügt, um den Sachverhalt genauestens prüfen zu können. Die steuerrechtliche Qualifikation eines Beraters ist ein absolutes Muss.
Entwickelt sich eine Betriebsprüfung zu einem Steuerstrafrechtverfahren, ist ein Anwalt mit guten Kenntnissen im Steuer-, sowie im Strafrecht zu empfehlen. Es kann auch hilfreich sein einen Steuerberater hinzuzuziehen.
Elemente des Strafverfahrens
- 1. Strafbefehl
- 2. Festnahme / Verhaftung
- 3. Online- oder Hausdurchsuchung
- 4. Erkennungsdienstliche Behandlung
- 5. Strafverfahren
- 6. Revision
- 7. Untersuchungshaft/ Haft
- 8. Internationale Rechtshilfe