Mord und Totschlag am Beispiel von Rudolph Moshammer

Vor 18 Jahren wurde der selbstproklamierte Modezar von München Opfer eines Mordes. In diesem Beitrag möchte ich anhand des Falles von Rudolph Moshammer auf die Tat und ihre Folgen eingehen.

Rudolph Moshammer mit Hund Daisy, 2004, Foto von B. Erdödy aus Wikipedia, (CC BY-SA 3.0)

Durch seinen Status als schillernde Figur des öffentlichen Lebens erregte der Prozess rund um den illustren Modedesigner Rudolph Moshammer und dessen Mörder große Aufmerksamkeit und sorgte mitunter für absurde Szenen im Gerichtssaal. So wurde der Schwurgerichtssaal des Landgerichts München I zum Schaulaufen für eine Vielzahl an Doppelgängern, angeblichen Freunden und verkleideten Zeugen.

Dementsprechend groß war das mediale Interesse am Prozess gegen einen 25 Jahre alten irakischen Asylbewerber, den Moshammer in der Nacht der Tat für sexuelle Dienstleistungen am Münchener Hauptbahnhof anwarb. Mit seinem Rolls Royce fuhren beide zu Moshammers Anwesen im Münchener Stadtteil Grünwald, wo sich die Tat ereignete.

Der anschließende Prozess war bizarr und gespickt mit allerhand Kuriositäten. Zeugen, die noch im Gerichtssaal wegen Falschaussagen festgenommen wurden und ehemalige Angestellte, die den Zeugenstand für persönliche Abrechnungen mit dem ehemaligen Chef nutzten, gehörten zu den weniger brisanten Ereignissen des Prozesses. Jederzeit wurde der Prozess auch von teils fragwürdigen Gerichtsreportern begleitet. So wurde etwa die Ex-Freundin des Täters in den Gerichtssaal eingeschleust, um live vom Prozess zu berichten – illegal, da sie im Prozess später noch als Zeugin aussagen sollte. Dafür bekam sie 1000 € von einem deutschen Privatsender. Auch die anschließende Beerdigung Moshammers war ausgestaltet im Stile eines Staatsbegräbnisses, dessen Übertragungsrechte sich der Privatsender SAT1 sicherte.

Aber auch juristisch erregte der Prozess Aufsehen, denn die Aufgabe der Rechtsvertreter war es, den feinen Unterschied zwischen Mord und Totschlag zu finden. Diese Bezeichnungen werden zwar im deutschen Ausspruch ‚Mord und Totschlag‘ quasi synonym genutzt, verlangen jedoch für das jeweils zu verhängende Strafmaß nach einer wichtigen Unterscheidung.

Eine verhängnisvolle Nacht

Wie an vielen Abenden zuvor, fuhr Rudolph Moshammer auch in der Nacht auf den 14. Januar 2005 mit seinem Rolls Royce Silver Seraph die Straßen rund um den Münchener Hauptbahnhof ab. Er suchte nach Männern, die ihre sexuellen Dienste gegen Geld zur Verfügung stellen würden. Seine Homosexualität war ein offenes Geheimnis, was Moshammer jedoch in öffentlichen Auftritten nie thematisierte.

An diesem Abend traf er auf den irakischen Asylbewerber Herisch A.. Der 25 Jahre alte Kurde war zu diesem Zeitpunkt seit knapp 4 Jahren in Deutschland, hatte psychische Probleme und litt unter einer schweren Spielsucht. Am fraglichen Abend hatte er bereits 1000 € in einer Spielothek verloren. Die Verzweiflung trieb ihn in die kalte Nacht rund um den Hauptbahnhof, in der Hoffnung dort auf zahlungswillige Freier zu treffen. Dort traf er auf Moshammer und die beiden begaben sich in dessen Nobelkarosse in den feinen Münchener Vorort Grünwald, wo sich Moshammers Anwesen befand.

Beweise der Polizei deuten darauf hin, dass es dort tatsächlich zu sexuellen Handlungen zwischen beiden kam. Nach den Angaben von Herisch A. kam es jedoch später zum Streit um die versprochene Bezahlung in Höhe von 2000 €. Der Streit eskalierte und der junge Mann fand ein viereinhalb Meter langes Stromkabel, mit dem der Designer schließlich erdrosselt wurde. Anschließend durchsuchte Herisch A., scheinbar in Panik, die Villa Moshammers. In großer Eile übersah er die wertvollsten Dinge und flüchtete mit einer kleinen Beute. Lediglich 200 € aus Moshammers Besitz konnten in der Wohnung der Freundin des Täters sichergestellt werden.

Am Tatort konnten eindeutige DNA-Spuren des Täters nachgewiesen werden, die schnell mit Herisch A. in Verbindung gebracht werden konnten, da dieser ein Jahr zuvor im Zusammenhang mit einem anderen Fall eine freiwillige Speichelprobe abgegeben hatte, die in der BKA-DNA-Analysedatei gespeichert war. Bereits einen Tag nach der Tat wurde der Mann festgenommen. Dieser legte kurz darauf ein umfassendes Geständnis ab.

Mord oder Totschlag?

Tötungsdelikte sind nach deutscher Rechtsprechung in verschiedene Strafnormen unterteilt. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung grenzen sich Mord und Totschlag jedoch nicht dadurch voneinander ab, dass Mord vorsätzlich geschehe und Totschlag nicht. Beide Tatbestände geschehen vorsätzlich. Geschieht die Tötung eines Menschen ohne Vorsatz, spricht man von ‚Fahrlässiger Tötung‘.

Wenn nun also sowohl Mord als auch Totschlag vorsätzlich erfolgen – wo ist dann der Unterschied? Für einen Angeklagten und dessen Anwälte ist diese Unterscheidung kritisch für das mögliche Strafmaß. Die Unterscheidung, ab wann ein Totschlag zum Mord, und damit mit Höchststrafen zu ahnden ist, erfolgt anhand von Mordmerkmalen, die in Fallgruppen unterteilt sind. Diese untersuchen einen Tötungsdelikt auf Begründung der Tat, sowie Art und Weise der Durchführung.

Zunächst untersucht das Gericht einen Tötungsdelikt auf die Beweggründe der Tat. Hier ist ein Mordmerkmal erfüllt, wenn die Tat aus Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebes, Habgier oder aus sonstigen niedrigen Beweggründen geschieht.

In der zweiten Fallgruppe der Mordmerkmale wird die Begehungsweise untersucht. Die Mordmerkmale in dieser Kategorie sind Heimtücke, Grausamkeit oder die Anwendung gemeingefährlicher Mittel.

In der letzten Fallgruppe wird die sogenannte Deliktische Zielsetzung untersucht. Hier wird der Zusammenhang zu weiteren Straftaten hergestellt. Vor allem wird untersucht, ob durch die Tötung eine weitere Straftat verdeckt, oder ermöglicht werden konnte.

Bereits ein erfülltes Merkmal kann einen Täter zum Mörder machen. Im Mordprozess um Rudolph Moshammer, sah es das Gericht als erwiesen an, dass Herisch A. den Münchener Modezar heimtückisch ermordete. Das Mordmerkmal kommt also aus der Fallgruppe der besonderen Begehungsweise der Tat. Durch die Erdrosselung von hinten in Moshammers eigenem Heim sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers ausnutzte, um die Tat zu begehen. Das Gericht urteilte also auf Mord und sprach eine lebenslange Haftstrafe aus.

Die Anwälte des Täters plädierten zwar auf Totschlag, dieser hätte jedoch nur vorgelegen, wenn dieser beispielsweise im Affekt gehandelt hätte.

Was bedeutet eine lebenslange Strafe?

Kommt das Gericht im Prozess um einen Tötungsdelikt zu dem Schluss, dass ein Mord vorliegt, folgt unausweichlich die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Eine lebenslange Freiheitsstrafe bedeutet jedoch entgegen dem Wortsinn nicht, dass der verurteilte Straftäter den Rest seines Lebens unter Freiheitsentzug verbüßen muss. Das Gericht hat im Urteil durchaus noch Spielraum für individuelle Ausgestaltung.

Hat der Straftäter 15 Jahre unter Freiheitsentzug verbüßt, kann die restliche Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Stellt das Gericht im Urteil eine besondere Schwere der Schuld fest, wie im Mordfall Moshammer geschehen, legt die Strafvollstreckungskammer vor Ablauf von 15 Jahren fest, wie viel Strafe noch verbüßt werden muss, bevor diese zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Dabei steht vor allem die Wahrung der öffentlichen Sicherheit im Fokus. In Betracht gezogen wird vor allem das Verhalten des Verurteilten im Vollzug und psychologische Gutachten.

Generell kann eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht verkürzt werden. Lediglich wenn andere Gesetzte, wie beispielsweise das Jugendstrafrecht oder eine Kronzeugenregelung, in Betracht gezogen werden. Auch verminderte Schuldfähigkeit kann sich auf das Strafmaß auswirken. Diese kann vorliegen, wenn beispielsweise psychische Störungen oder durch Drogen verursachte Unzurechnungsfähigkeit vorliegt.