Ein Blick auf die „Letzte Generation“ aus strafrechtlicher Sicht

Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“ kämpfen weltweit für den Schutz der Umwelt und des Klimas. Sie protestieren auf vielfältige Weise gegen Regierungen, Unternehmen und Institutionen, die ihrer Meinung nach nicht genug tun, um den Klimawandel zu bekämpfen. Die Proteste können jedoch manchmal in strafbare Handlungen übergehen, die Konsequenzen nach sich ziehen können. In diesem Blog-Artikel gehe ich auf mögliche Verstöße nach Strafrecht ein.

Was fordert die „Letzte Generation“?

Die „Letzte Generation“ ist eine Bewegung von Klimaaktivist*innen, die sich für mehr Maßnahmen zum Schutz des Klimas und der Umwelt einsetzt. Die Forderungen der Bewegung sind vielfältig und können je nach Land und Region unterschiedlich sein. Einige der allgemeinen Forderungen, die von der „Letzten Generation“ gestellt werden, sind:

  1. Ein sofortiger Stopp von Investitionen in fossile Brennstoffe
  2. Eine schnelle und vollständige Umstellung auf erneuerbare Energiequellen
  3. Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens
  4. Eine umfassende Reform des Agrarsystems, um den Einsatz von Pestiziden und den Verlust von Biodiversität zu reduzieren
  5. Eine Reduktion von Treibhausgasemissionen durch Maßnahmen wie die Förderung von Fahrradfahren und öffentlichem Nahverkehr sowie die Reduktion von Plastikverbrauch und Müll.

Die „Letzte Generation“ setzt sich auch für eine höhere politische Priorisierung von Klimaschutzfragen ein und fordert, dass Regierungen und Institutionen den Klimawandel als dringliche und globale Bedrohung anerkennen.

Welche Strafen können den AktivistInnen drohen?

Laut taz sind bis August 2022 gegen 66 Klimaktivist*innen der „Letzten Generation“ Strafbefehle ergangen. Die genaue Höhe der Strafen hängt von den individuellen Umständen der Tat ab.

  1. § 315b StGB – Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Blockaden von Straßen, Brücken oder Flughäfen können als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr eingestuft werden. Hierbei handelt es sich um eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet werden kann.
  2. § 303 StGB – Sachbeschädigung: Klimaaktivist*innen können sich strafbar machen, wenn sie Sachen anderer beschädigen oder zerstören. Die Strafe kann bis zu zwei Jahre Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe betragen.
  3. § 240 StGB – Bedrohung: Klimaaktivist*innen können sich strafbar machen, wenn sie jemanden bedrohen, zum Beispiel indem sie ihn einschüchtern oder ihm mit Gewalt drohen. Die Strafe kann bis zu einem Jahr Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe betragen.
  4. § 185 StGB – Beleidigung: Klimaaktivist*innen können sich strafbar machen, wenn sie jemanden beleidigen, zum Beispiel indem sie ihn beschimpfen oder diffamieren. Die Strafe kann bis zu zwei Jahre Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe betragen.
  5. § 123 StGB – Hausfriedensbruch: Wer unerlaubt in die Wohnung, Geschäftsräume oder das umzäunte Grundstück einer anderen Person eindringt oder sich in abgeschlossenen Räumen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, unbefugt aufhält und trotz Aufforderung des Eigentümers nicht geht, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden.

Diese Liste ist nicht vollständig und es gibt viele weitere Paragrafen, gegen die Klimaaktivist*innen verstoßen können. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Strafen je nach Umständen des Einzelfalls variieren können und dass eine Verurteilung nicht immer unbedingt das Ende des politischen Engagements eines AktivistInnen bedeuten muss.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Strafrecht ein wichtiges Instrument ist, um die öffentliche Ordnung zu wahren und strafbare Handlungen zu ahnden. Allerdings sollte auch das Recht auf Meinungsfreiheit und politisches Engagement geschützt werden. Es liegt an den Gerichten, eine angemessene Balance zwischen diesen beiden Interessen zu finden.

Darf man als Privatperson AktivistInnen der „Letzten Generation“ von ihren Protesten abhalten?

Passanten und Autofahrer haben kein Recht, Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“ von ihren Protesten abzuhalten oder zu behindern. In Deutschland ist die Versammlungsfreiheit ein Grundrecht, das durch Artikel 8 des Grundgesetzes (GG) geschützt ist. Solange die Proteste der Klimaaktivist*innen friedlich und ohne Gewalt durchgeführt werden, haben sie das Recht, ihre Botschaften zu verbreiten.

Gemäß § 21 des Versammlungsgesetzes (VersG) ist es verboten, eine Versammlung oder einen Aufzug gewalttätig oder durch Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu sprengen. Wenn Passanten oder Autofahrer versuchen, AktivistInnen gewaltsam von ihren Protesten abzuhalten, könnten sie gegen dieses Gesetz verstoßen.

Wenn Passanten oder Autofahrer versuchen, AktivistInnen durch Drohungen oder Zwang von ihren Protesten abzuhalten, könnte dies als Nötigung gemäß § 240 des Strafgesetzbuches (StGB) angesehen werden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Recht auf Meinungsfreiheit und politisches Engagement nicht uneingeschränkt ist und es Einschränkungen geben kann, wenn die Proteste gegen geltende Gesetze verstoßen oder die Rechte anderer verletzen. Zum Beispiel können Proteste auf Privatgrundstücken oder ohne Genehmigung der zuständigen Behörden illegal sein und daher zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen.

Wenn sich also AktivistInnen auf Privatgrundstücken befinden und dort ohne Erlaubnis protestieren, könnten sie wegen Hausfriedensbruchs gemäß § 123 StGB belangt werden. In diesem Fall hätten die Eigentümer oder deren Beauftragte das Recht, die AktivistInnen von ihrem Grundstück zu entfernen.

Wenn die Proteste den Verkehr behindern, könnten die AktivistInnen gegen das Straßenverkehrsgesetz (StVG) verstoßen, insbesondere gegen § 32 StVO, der Verkehrsteilnehmer verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Verkehr nicht unnötig behindert oder gefährdet wird. In diesen Fällen können die Behörden einschreiten, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Passanten oder Autofahrer das Recht haben, die Proteste der Klimaaktivist*innen auf eigene Faust zu beenden oder zu stören.

In jedem Fall ist es wichtig, dass Konflikte und Auseinandersetzungen zwischen Passanten, Autofahrern und Klimaaktivist*innen auf friedliche Weise gelöst werden und dass die Rechte aller Beteiligten respektiert werden.

Empfehlung für Privatleute

Wenn Privatpersonen auf eine Blockade oder Aktion der „Letzten Generation“ stoßen, können sie die folgenden Schritte unternehmen, um angemessen und sicher zu reagieren:

  1. Ruhe bewahren: Es ist wichtig, in solchen Situationen ruhig zu bleiben und nicht in Panik zu geraten. Denken Sie daran, dass die Aktivisten das Recht haben, ihre Meinung friedlich zu äußern, solange sie sich an die Gesetze halten.
  2. Die Situation beobachten: Beobachten Sie die Aktion aus sicherer Entfernung, um festzustellen, ob es sich um einen friedlichen Protest handelt. Wenn es Anzeichen von Gewalt oder kriminellem Verhalten gibt, sollten Sie sich in Sicherheit bringen und die Polizei informieren.
  3. Respektvoll bleiben: Auch wenn Sie mit den Forderungen oder Methoden der Aktivisten nicht einverstanden sind, sollten Sie respektvoll bleiben und keine Konfrontationen suchen. Vermeiden Sie aggressive oder bedrohliche Handlungen, die die Situation eskalieren lassen könnten.
  4. Umleitung suchen: Wenn eine Blockade Ihren Weg behindert, suchen Sie nach einer alternativen Route, um Ihr Ziel zu erreichen. Sie können auch andere Passanten oder Autofahrer darüber informieren, damit sie ihre Route entsprechend anpassen können.
  5. Die Polizei informieren: Wenn Sie glauben, dass die Aktivisten gegen Gesetze verstoßen, wie zum Beispiel den Verkehr unnötig behindern oder auf Privatgrundstücken protestieren, können Sie die Polizei informieren. Die Polizei kann dann entsprechend handeln und die Situation lösen.
  6. Dokumentation: Wenn es sicher ist, können Sie Fotos oder Videos von der Situation aufnehmen, um als Beweismaterial zu dienen, falls später rechtliche Schritte erforderlich sind. Achten Sie jedoch darauf, die Privatsphäre der Aktivisten und anderer Beteiligter zu respektieren.
  7. Sich informieren: Nutzen Sie die Gelegenheit, um mehr über die Anliegen der „Letzten Generation“ und die spezifischen Themen ihrer Aktionen zu erfahren. Unabhängig von Ihrer Meinung kann es hilfreich sein, sich über verschiedene Perspektiven zu informieren und eine informierte Position zu bilden.

Denken Sie daran, dass friedlicher Protest ein Grundrecht ist und das Ziel der Aktivisten in der Regel darin besteht, Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erregen. Indem Sie ruhig und respektvoll reagieren, können Sie dazu beitragen, die Situation sicher und effektiv zu bewältigen.